Liebe Freund*innen und Unterstützer*innen,
wir haben unsere Pädagogin, Soraya Tabatabai, zu einem Interview eingeladen und sie gibt uns nachfolgend einen Überblick über ihre Arbeit und das Vereinsleben.

1.Eure Hilfe richtet sich an sozial benachteiligte Kindern und Jugendliche: Wie werden die Kinder ausgewählt?

Ich bin ja selber seit 5 Jahren als ehrenamtliche Übersetzerin und Sozialberaterin tätig und hatte also von Anfang an, bevor ich zu Born to Fly gekommen bin, meine Kontakte zu Geflüchteten und benachteiligten Kindern in Unterkünften und anderen Einrichtungen. Ich wusste daher, dass da Bedarf ist und bin dann auf die Eltern oder die Einrichtung zugegangen und habe gesagt, wir hätten da diese Angebote. Wer möchte daran teilnehmen?

2.Kunstpädagogische Förderung: Welche Art der Kunst darf man sich darunter vorstellen?

Ich habe verschiedene Konzepte, eines davon heißt Malspiel. Dabei handelt es sich um ein ganz freies Malen, wo du als Kursleiter v.a. eine dienende Rolle spielst. Du stellst die Farben, die Pinsel und das Papier zur Verfügung. Die Kinder sollen einfach malen, es wird nichts kritisiert oder gelobt. Es geht darum, dass die inneren Bilder nach außen getragen werden. Da es viele Kinder und Jugendliche gibt, die aus traumatischen Verhältnissen kommen (ob das jetzt Fluchterfahrungen sind oder andere traumatischen Erlebnisse oder familiäre Probleme), dient diese Art von Malen als Therapie.

Bei diesen Malspiel-Kursen sehe ich auch, in welchen Fällen Bedarf für weitere Förderung wäre. Mit diesen Kindern mache ich dann noch einmal einen extra Mal- und Zeichenunterricht, um mit ihnen einen Schritt weiterzugehen. Alle Techniken, wie z.B. Siebdruck, Holzschnitt oder die Arbeit mit Lehm, kommen dann noch dazu. Ich habe eine große Werkstatt mit Malraum und Musikzimmer in St. Georg, wo mir alle Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Ein anderer Zweig unserer kunstpädagogischen Förderung ist der Musikunterricht. Ich arbeite mit Percussions in der Gruppe. Wir machen gemeinsam rhythmische Spiele auf verschiedenen afrikanischen Trommeln. Es gibt aber auch Einzelunterricht im Klavierspielen bei mir.

2020 im Sommer ist noch etwas Neues dazugekommen für Jugendliche, die mit der Schule fertig sind und eine Ausbildung bzw. ein Studium anstreben. Wir machen mit ihnen einen Mappenvorbereitungskurs, d.h. wenn du dich an der Uni für irgendwelche kreativen Geschichten bewerben willst (z.B. für Kommunikationsdesign, Illustrationsdesign und Kunst), musst du eine Mappe einreichen mit passenden Arbeiten dazu und eine vierteilige Prüfung absolvieren. Und darauf bereiten wir die Jugendlichen vor.

3.Wie viele Kinder betreut der Verein aktuell?

60 bis 80 Kinder pro Woche nehmen an unseren Kursangeboten teil. Das schwankt ein wenig, denn es gibt Kinder, die immer wieder kommen und andere, die neu dazukommen. Unser Angebot ist freiwillig und relativ offen. 2019 waren bei uns natürlich viel mehr Kinder und Jugendliche, vor Corona eben. 2019 hatten wir einen richtig großen Zulauf und mehr Kurse. Da wollen wir wieder hinkommen.

4.Was waren die größten Anschaffungen oder Programmpunkte, die ihr mit den Spenden finanzieren konntet?

Kunstmaterialien und Instrumente finanzieren wir über die Spenden, aber auch mein Honorar als Kursleiterin.

5.Wie hat sich COVID-19 / Corona auf eure Arbeit ausgewirkt?

Also, es war ja nicht die ganze Zeit Lockdown. Wenn die Schulen offen hatten, konnten wir auch die Kurse anbieten bzw. weitermachen. Als sie zu waren, haben wir die Kurse in Kleingruppen aufgeteilt. Zuletzt hatten wir die Regelung, dass wir vier bis fünf Personen in einer Kleingruppe zusammengefasst haben. Das heißt, an einem Nachmittag, wo wir normalerweise 20 Kinder wären, hatte ich dann vier Gruppen mit je fünf Kindern.

6.Gibt es besonders positive Beispiele von Kindern & Jugendlichen, die von eurer Unterstützung besonders profitiert haben?

Was wirklich bei den meisten – ich würde sagen, 80 bis 90 Prozent – funktioniert hat, war dass diese Familien glücklich waren, dass ihre Kinder an den Kursen teilnehmen konnten. Die Familien stammten entweder aus bildungsfernen Verhältnissen, brachten also nicht so viel Zeit und Verständnis für Musik und Kunst mit, oder sie konnten sich das finanziell nicht leisten. Die Eltern waren dankbar und haben oft gesagt, wie glücklich sie sind, dass ihre Töchter oder Söhne so etwas machen dürfen.

Viele Eltern berichteten uns auch, dass ihre Kinder in der Schule viel besser geworden wären, seitdem sie an unserem Musikunterricht teilnehmen, weil sie dadurch etwas ausleben können, was ihnen gut tut und was sie erfüllt. Sie können sich nun viel besser konzentrieren.

Positiv wirkt such außerdem aus, dass in der Gruppe die Sprachkenntnisse der Kinder und Jugendlichen viel mehr gefördert werden und dadurch die Integration leichter fällt.

Und für Jugendliche, die sich einen Mappenvorbereitungskurs nicht leisten können, der normalerweise 400 bis 500 Euro kostet, hat Born to Fly die Möglichkeit geboten, tatsächlich an der Hochschule zu studieren. Wir hatten 2020 eine Absolventin, die diese Hürde mit der Note 1,8 geschafft hat.

7.Welche Pläne habt ihr für das Jahr 2021?

Wir würden nach der Corona-Pandemie gerne noch ein paar mehr Kinder aufnehmen können, würden gerne die Kurse etwas erweitern, z.B. ein Impro- und Tanztheater anbieten. Vielleicht haben wir schon ab April die Möglichkeit, diese Förderung anzufangen. Dafür brauchen wir auch noch zusätzliche Unterstützung, weil wir dafür gerne ein bis zwei professionelle Theaterpädagogen mit ins Team nehmen würden.

 

Wer weitere Fragen an Frau Soraya Tabatabai hat, kann gerne sie per E-Mail, soraya@borntofly.info kontaktieren.